Eine Kurzgeschichte um die Bouillabaiße

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Rezept für 1 - Text

Zutaten
Menge Einheit Zutat
  NACH EINEM TEXT VON Claus Schweitzer Meiers Modeblatt 44/97
  -- erfaßt von Rene Gagnaux
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Kategorien
! Aufbau
  Info
  Suppe
  Fisch
  Frankreich
Zubereitung:
. Bouillabaiße. In einem 1785 erschienenen Wörterbuch der Provence wird die
Zauberformel aufgelöst. Dort heißt es: "Ausdruck der Fischersprache, eine
Art Ragout, das hergestellt wird, indem man Fische in Meerwasser kocht. Man
sagt "bouille-baißo", weil der Topf, sobald er kocht (bout), vom Feuer
weggenommen (abaiße) wird."

Und damit ist schon der Deckel des Geheimnißes dieses Suppentopfes ein
wenig gelüftet. Man verrät uns, daß eine Bouillabaiße, wenn sie kocht,
vom Herd genommen werden muß. Denn bouillebaißo, das ist es, was den
kostbaren Sud der Fische mit dem nicht weniger kostbaren Olivenöl vereint.

Marseille, das wird von niemandem bestritten, gilt als Geburtsort der echten
Bouillabaiße. Das Nationalgericht der Provence wurde von den ansaessigen
Fischern erfunden und war ursprünglich ein Armeleute-Eßen, denn es bestand
aus den unverkäuflichen Fischresten, die nach dem täglichen Markt
zusammengekehrt wurden. In den vielen Jahrhunderten, seit es dieses
Fischgericht gibt, hat es sich verständlicherweise oft gewandelt; heute
gibt es fast so viele Varianten wie Köche, und jeder reklamiert für sich,
er kenne das einzig wahre Rezept, das natürlich sein Geheimnis bleibt.

Was also eine Bouillabaiße zu einer "echten" Bouillabaiße macht, ist eine
offene Frage. Ziemlich einig ist man sich über die drei wichtigsten
Meeresfische, die in den Volkseintopf gehören: Rote und braune Rascaßes
(Drachenköpfe) mit beeindruckend stacheligen Panzern, St-Pierre
(Petersfisch) und Grondin (Knurrhahn). Einig ist man sich auch darüber,
daß es festfleischige Fische von den Felsklippen sein müssen. Bei Congre
(Meeraal), Baudroie (Seeteufel) und Loup de mer (Wolfsbarsch) gehen die
Meinungen auseinander. Bei Muscheln, Krabben und Langusten gibt es gar
Streit - der Kenner verzichtet darauf, weil Schalentiere in der
Bouillabaiße ihren Eigengeschmack zum großen Teil verlieren.

Als unverzichtbare Zutaten gelten hingegen wieder allerlei kleines
Meeresgetier und Olivenöl, Knoblauch, Zwiebeln, Tomaten, Fenchel, Safran
sowie eine reiche Skala provenzalischer Kräuter und Gewürze. Eine
kräftige Portion Weißwein und womöglich ein Schuß Pastis runden den
Geschmack ab. In unseren Breitengraden und in vielen Gourmet-Tempeln rund um
den Erdball wird das Meerwasser für den Sud gänzlich durch Wein ersetzt.

Den Gipfel der traditionellen Marseiller Kochkunst erreicht man jedoch mit
der höllisch scharfen Rouille, einer goldroten Mischung aus Mayonnaise,
Knoblauch und Paprika. Sie wird auf Croutons, geröstete Brotstücke,
gestrichen, die man in der Suppe schwimmen läßt (und die das Brennen etwas
lindern sollen).

Wie man Ihnen nun die Bouillabaiße servieren wird, ob Suppe und Fisch
nacheinander oder zusammen, ob mit oder ohne bunte Lätzchen, die man den
Gästen um den Hals bindet, auf jeden Fall geschieht alles mit feierlichem
Charme. Die Gäste sollen schließlich merken, daß man ihnen kein
Armeleute-Eßen auftischt, sondern ein Festmahl zelebriert, und es ist ja
auch entsprechend teuer. Probieren können Sie die Bouillabaiße fast
überall in der Provence und an der Cote d'Azur, aber beurteilen können Sie
das Fischgericht erst, wenn Sie es in Marseille kennengelernt und beim Preis
nicht geknausert haben.

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