Rezept für 1 - Text
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. | Josef Imbach: Das erste enthält vorwiegend einfache und alte Rezepte. Es stammt von Anna Erler-Zanol (Text) und Daniela Kofler (Fotos) und trägt den Titel "Südtiroler Hausmannskost" (Athesia Verlag, Bozen 1992). Dabei beruft sich die Verfaßerin nicht nur auf ihre Vorfahren, sondern auch auf die Speisekarten traditionsreicher Gasthöfe. Außerdem hat sie in mehreren alten Klosterküchen herumgeschnuppert und auf diese Weise in Erfahrung gebracht, wie man früher in Tirol Kartäuserklösse, Klosterknödel, Klosterstrudel, Klosterbrezeln und Kapuzinerstrudel zubereitete. Neben diesen und anderen fromm anmutenden Gerichten (wie "Jungfernbraten",- es handelt sich dabei um Schweinsfilet mit Knoblauch, Zwiebel und Rosmarin) überliefert Anna Erler-Zanol auch ein paar Rezepte mit eher anrüchigen Bezeichnungen. Die Witwenküsse mögen da noch hingehen,- aber was soll man von den Versoffenen Jungfrauen halten? Für das zweite Kochbuch zeichnet gleich ein ganzes Frauenkloster verantwortlich; es stammt aus dem Allgäu und trägt den verlockenden Titel "Kochen meine Freude. Rezepte aus der Klosterküche der Franziskanerinnen des Kreszentiaklosters Kaufbeuren" (Verlag Tobias Dannheimer, Kempten, 7., unveränderte Auflage 1982; erstmals erschienen 1934). Die Kartäuserklösse heißen hier Karthäuserklösse (mit th!), und diese unterscheiden sich von jenen nicht nur durch die Orthographie, sondern auch durch die Art der Zubereitung. Es ist durchaus reizvoll, die beiden geistlichen Versionen miteinander zu vergleichen. Zunächst das von Anna Erler-Zanol (auf Seite 68) überlieferte Rezept: 4 Semmeln, 1/2 l Milch, 2 Eier, Brösel, Wein, Backöl Die Semmeln abrinden, in Milch einweichen, ausdrücken, in Ei und Brösel paniereln, in heißem Fett backen und mit Glühwein übergießen. Wie die Franziskanerinnen des Kreszentiaklosters ihre Karthäuserklösse zubereiten, verraten sie auf Seite 156 ihres Kochbuchs: 8 Semmeln, 3 Eier, 2 Löffel Zucker, 250 ml Milch, nach Belieben Zimtzucker oder 1/2 Liter Rotwein und Zimtrinde, Backfett. Die Semmeln abreiben, oben ein Deckelchen abschneiden, etwas aushöhlen, jedes einzelne in Milch tauchen, auf eine Platte legen, bis sie weich sind, Eier und Zucker gut verrühren, jedes Brötchen darin umwenden und schwimmend in heißem Fett backen. Nach Belieben noch heiß in Zimtzucker wenden und mit Marmelade füllen; oder ohne Zimtzucker die mit eingemachten Früchten gefüllten Semmeln mit Rotwein übergießen, den man mit Zimtrinde kalt aufs Feuer bringt, bis zum Kochen kommen läßt und zuckert. Statt Wein gibt man auch gerne Fruchtsoße. Versoffene Jungfrauen Intereßant ist auch der Vergleich zwischen zwei anderen in diesen beiden Kochbüchern enthaltenen Rezepten, die sich ebenfalls nicht nur durch die Bezeichnung, sondern auch durch die Art der Zubereitung etwas unterscheiden, obwohl es sich im Grunde um das gleiche Gericht handelt. Anna ErlerZanol, die sich in Tirol umgesehen (oder beßer: umgehört) hat, überliefert das Rezept (auf Seite 68) unter dem Namen Versoffene Jungfrauen: 7 Eier, 220 g Mehl, 140 g Zucker, Backöl Zum fest geschlagenen Eischnee rührt man zuerst den Zucker, dann die Dotter und zum Schluß das Mehl. Mit einem Löffel formt man kleine Häufchen ins heiße Fett und backt sie goldgelb. Mit heißem Glühwein servieren! Aha! Es handelt sich also um ein Wintergebäck, das sich sehr viel harmloser darstellt, als sein anzüglicher Name vermuten läßt. Dieser verdankt sich lediglich der Tatsache, daß man Glühwein dafür verwendet ... Die Franziskanerinnen von Kaufbeuren haben sich (auf Seite 156) zu der ein bißerl züchtigeren Bezeichnung Trunkene Jungfern durchgerungen. Sie benötigen dazu - ich zitiere wiederum wörtlich: 3 Eßlöffel Zucker, 3 Eier, 3 gehäufte Eßlöffel Öl, Backfett, 1/2 Liter Rotwein, Zucker, Zimtrinde. Zucker und Eigelb schaumig rühren, den steifen Eischnee kurz mitrühren, das Mehl leicht untermischen, mit einem Löffel kleine Häufchen in heißes Fett geben, zu schöner Farbe backen und kurz vor dem Anrichten mit heißem Wein übergießen (d.h. Rotwein, Zimtrinde und Zucker bis vors Kochen kommen laßen). Welche Kart(h)äuserklösse sind nun orthodox, welche Versoffenen oder Trunkenen Jungfrauen beziehungsweise Jungfern sind wirklich authentisch? Welches Rezept findet größeren Konsens? Welches läßt auf Reformen schließen? Bleibt die Substanz gewahrt? Auf welchen Abt, auf welche Äbtißin müssen wir hören? Weßen Magen kann was nicht vertragen? Welches Lehramt muß hier entscheiden? Welcher Schnüffler (es geht um Gerüche!) ist kompetent; welche Nase geschult genug? Welcher Gaumen (Geschmack ist gefragt!) ist genügend versiert? Oder darf nun plötzlich jedweder Koch die Gäste nach seinem Gusto selig machen? |
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Luisa Rezepte . Anna's Übersicht