Bratkartoffeln...

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Rezept für 1 - Text

Zutaten
Menge Einheit Zutat
  Bratkartoffeln
  REF Kolumne Beat Wuethrich Weltwoche
  -- Erfasst von Rene Gagnaux
....
Kategorien
! Aufbau
  Info
  Kartoffel
Zubereitung:
. Beat Wuethrich Originalton:

lch mag keine Roesti. Basta. Deckel drauf!

Um so mehr liebe ich Bratkartoffeln, besonders wohl darum, weil ich
seit einiger Zeit ein inniges Verhaeltnis zu norddeutschen Landen
pflege. Nun, die Lande sinds eigentlich nicht, eher etwas, was aus
jenem Gebiet stammt. (Es sind nicht die Kartoffeln.)

Doch weiter will ich nicht gehen, denn bereits zwei Leserinnen haben
mir kuerzlich den Vorwurf gemacht, dass ich meine eigenen
"Bettgeschichten publik" mache. Was nicht stimmt, liebe C. K. in
Basel, liebe G. T. in Effretikon: Meine oeffentlichen Bettstorys
hoeren an der Bettkante auf.

Wie bringe ich jetzt das Bettgewuehl und die Bratkartoffeln in eine
einigermassen anstaendige Ordnung? So: Die besten Betten der Welt
gibt es auf der Nordseeinsel Sylt. Die besten Bratkartoffeln der
Welt
gibt es auf der Nordseeinsel Sylt. Alles klar? Gut.

Das Bratkartoffelrezept stelle ich Ihnen gerne zur Verfuegung. Es
stammt aus der Kueche des Restaurants "Fisch-Fiete" in Keitum auf
Sylt. Hier ist es, und ich empfehle Ihnen, es nur gerade fuer zwei
Personen zuzubereiten, weil Sie dann ungestoert beim Essen uebern
Tisch schaekern koennen. Der Hauptgrund fuers Zwei-Personen-Gericht
ist jedoch - ganz ernst - die Pfanne. Die Bratpfanne muss so
grossflaechig sein wie nur moeglich. So gross jedenfalls, dass die
am
Vortag gekochten, am Kochtag geschaelten und duenn gescheibelten
(ein
halber Zentimeter) Kartoffeln in drei Finger dick geschnittener,
eingesottener Butter sich nicht in die Quere kommen, voellig keusch
nebeneinander zu liegen kommen.

Wenn die Scheiben anfangen aufzumucken, aufzujucken, sich ein klein
wenig bewegen - ganz huebsch anzusehen, uebrigens -, ist es Zeit,
eine
mittelgrosse, fein geschnittete oder fein gehackte Zwiebel
darueberzustreuen. Das moegen die Kartoffeln eigentlich nicht, weil
sie dann in ihrem Tun gestoert werden. Doch sie freunden sich sofort
mit den fremdartigen, anders riechenden Wuerfelchen an und gehen mit
ihnen eine innige Partnerschaft ein. Salz darueber, weisser Pfeffer
-
und vorsichtig umgedreht. Weiterbraten, bis die Bratkartoffeln
richtig knusprig sind.

Ich schwoere, dass Sie Bratkartoffeln noch nie auf so einfache,
wunderbare Art gegessen haben.

Beilagen? ja: Spiegeleier oder eingelegte Heringe oder Fische
ueberhaupt oder saure Leber, Salate.

Wenn schon Bratkartoffeln, wenn schon Deutschland - dann aber
richtig, auf gehts! Bayern versteht unter Bratkartoffeln geviertelte
oder geachtelte Kartoffeln, die in einer Bratkasserolle und in viel
Butter- oder Schweineschmalz im Backofen gebraeunt und gegart
werden.
Ab und zu sollte man die Kartoffeln wenden. Ausser Salz darf man
auch
Rosmarin hinzuwuerzen. Wenn Sie wollen oder moechten: Wammerl
(Speckwuerfel) und/oder Zwiebeln.

Ein Rezept aus Mecklenburg-Vorpommern: Hundert Gramm Magerspeck wird
in feine Wuerfel geschnitten, in einer Bratpfanne unter staendigem
Ruehren ausgelassen, bis er - der Arme - nur noch glasig aussieht.
Eine fein gehackte Zwiebel und ein Essloeffel Butter werden zwei
Minuten lang dazugegeben - bis sie Gesellschaft erhalten von einem
Pfund am Vortag gekochten, geschaelten und in duenne Scheiben
geschnittenen Kartoffeln. Etwas Salz dazu, ein wenig (so ein halber
Teeloeffel) Majoran oder Thymian (getrocknet, wenns sein muss, sonst
das doppelte Quantum), eine Prise Zucker. Fuenf Minuten in der
zugedeckten Pfanne auf mittlerem Feuer stehen lassen. Einfach so,
voellig unkontrolliert. Dann oeffnen Sie das Überraschungspaket,
schalten auf Kleinsthitze, wenden die goldenen Scheiben mit einem
Holzschaber, lassen weiterbraten. Ruehren Sie nicht wie in einem
Fondue drin herum: Kartoffeln zahlen solche Unzimperlichkeiten mit
breiigem Speiseterror zurueck! Weissen Pfeffer hingegen moegen sie
vor dem Servieren.

Leider muss ich Deutschland verlassen, um auf andere
Bratkartoffelarten hinzuweisen. Frankreich ist dran. Und Paul
Bocuse,
der bekannteste Koch des 20. Jahrhunderts. Er bereitet gekochte, in
Scheiben geschnittene und in Butter gebratene Kartoffeln zu,
vermischt sie vor dem Servieren mit in feine Streifen geschnittenen
und in etwas Butter hellgelb gebratenen Zwiebeln, gehackter
Petersilie und wenig durchgepresstem Knoblauch - a la lyonnaise.
Bocuse gibt denselben Bratkartoffeln den Namen a la provençale, wenn
er Zwiebeln weglaesst. A la bordelaise heissen sie, wenn ausser
Schalotten (an Stelle von Zwiebeln), Petersilie und Knoblauch
pochiertes, klein gewuerfeltes Rindermark dazukommt.

Bett hin, Bratkartoffeln her: Die norddeutschen Bratkartoffeln ziehe
ich allen andern vor. Im uebrigen: Bratkartoffeln hinterlassen auf
Leintuechern haessliche Flecken.

#AT Rene Gagnaux
#D 23.02.2002
#NI **
#NO Gepostet von: Rene Gagnaux
#NO EMail: r.gagnaux@ch.inter.net

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